Vierte CCA-Geschäftsreise zu den Triebwerkexperten der MTU Hannover

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Von shop visits ist bei der MTU Maintenance Hannover in Langenhagen die Rede, wenn Triebwerke zur Überholung reinkommen. Erforderlich wird das nach zirka 20.000 Betriebsstunden, also etwa alle sieben Jahre. Für die Airlines lohnen sich die Überholungen. Sie halten den Wert der Triebwerke auf einem hohen Niveau und ermöglichen den Einsatz der Triebwerke über viele Jahre. Sowohl bei der Generalüberholung als auch bei der Reparatur einzelner Komponenten ist höchste Präzision gefragt. Umfangreiche Einblicke in die technisch und logistisch anspruchsvollen Abläufe erhielten die Teilnehmer der vierten CCA-Geschäftsreise des Jahres 2014. Intensiv beleuchtet wurden dabei auch betriebswirtschaftliche Aspekte.

Mit einem Jahresumsatz von mehr als 1,3 Milliarden Dollar gilt die MTU Maintenance-Gruppe als größter unabhängiger MRO-Anbieter weltweit. Herzstück ist die MTU Maintenance Hannover GmbH, die für die Instandhaltung mittlerer und großer ziviler Triebwerke verantwortlich zeichnet. Dazu gehören die Antriebe CF6-50, CF6-80C2 und GE90 Growth von General Electric, das PW2000 von Pratt & Whitney, das CFM56-7 von CFMI sowie das V2500 von International Aero Engines. Letzteres kommt bei rund 50 Prozent aller Airbus A320 zum Einsatz.

„MTU ist bei nahezu allen Flugzeugen in irgendeiner Form am Triebwerk beteiligt“, ließ Alexander Engel wissen. Der Kaufmännische Leiter der MTU Maintenance Hannover nahm die CCA-Delegation in Empfang. Er referierte ausführlich über Entwicklung und Herausforderungen des Unternehmens und der MRO-Branche insgesamt und gewährte einen Ausblick in die Zukunft. Einem fachlichen Austausch mit seinen Gästen folgte eine Führung über das Betriebsgelände.

In zwei Schichten werden die Triebwerke in Hannover gewartet und überholt. Pro Tag gehen zwei bis drei von ihnen in die Auslieferung an Kunden. „Die Durchlaufzeiten variieren mit den Twk-Typen. Für die Komplettüberholung eines V2500 Triebwerks brauchen wir rund 55 Tage“, erklärte Alexander Engel.

15 Triebwerke unterschiedlichster Hersteller und Typen durchlaufen wöchentlich die Demontagelinie. Handarbeit ist gefragt und aufgrund der Produktvielfalt wird das Mechanikerwissen leicht zum limitierenden Faktor. „Über die Jahre hat sich jeder auf bestimmte Triebwerkstypen spezialisiert“, erläuterte Engel. Um an Flexibilität zu gewinnen, arbeite man derzeit an einer triebwerksübergreifenden Qualifizierung, bei der die Mitarbeiter typenunabhängig für die Demontage und Montage einzelner Triebwerksmodule geschult werden.

Auf die Demontage folgt die Befundung. Wie beim Arzt wird zunächst eine Diagnose gestellt, auf deren Basis über das fallspezifische Vorgehen entschieden wird. Reicht der Autausch einzelner Komponenten oder ist eine Komplettüberholung erforderlich?

Die rotierenden Beschaufelungen gehen über den sogenannten Blade-Befund. Die Reparatur abgenutzter Blades, also der kleinen Schaufeln in den Turbinen, ist eine Wissenschaft für sich. Es handelt sich um hoch beanspruchte Teile mit entsprechenden Verschleißerscheinungen, deren Beschaffenheit in Bezug auf Form und Wandstärke genauen Vorgaben unterliegt. In den meisten Fällen müssen sie jedoch nicht gegen Neuteile ausgetauscht werden, sondern lassen sich mittels eines von MTU entwickelten Verfahrens reinigen, aufschweißen und neu beschichten. Ein achtstufiger Vorgang, aus dem neuwertige Blades hervorgehen, die nur ein Achtel des Preises eines Neuteils kosten. Die einzelnen Schritte der Blade-Instandsetzung konnten sich die CCA-Mitglieder detailliert schildern lassen und auch die Aufbereitung nicht rotierender Bauteile verfolgen. Das Laserlochen von Vanes zum Beispiel. An die 400 Kühlluftbohrungen spicken die Oberfläche dieser starr im Triebwerk verankerten Leitschaufeln. Bei der Aufbereitung werden diese durch Materialauftrag zunächst zugelötet, müssen aber hinterher exakt nachgebildet werden. Das geschieht mit Hilfe eines gepulsten Lasers.

Ihr Finish erhalten die aufgearbeiteten Bauteile durch unterschiedliche Beschichtungsverfahren. So werden etwa kleinere Exemplare mittels LVPS (Low Vacuum Plasma Spraying) in einer Unterdruckkabine beschichtet, wodurch sie eine sehr dichte Oberfläche und damit einen optimalen Korrosionsschutz erhalten.

Das beeindruckende Finale der Werksführung war der Besuch des Triebwerksteststands. Bis 2009 hatte die MTU Maintenance nur einen Prüfstand. „Auf diesem liefen weltweit die meisten Testaufträge. Die Kapazitätsgrenze war erreicht und die Aufnahme größerer Triebwerke nicht mehr möglich“, machte Alexander Engel deutlich. Um der großen Nachfrage gerecht zu werden, habe man schließlich einen zweiten, noch größeren Prüfstand in Betrieb genommen. Damit wurde der Test des schubstarken GE90 Triebwerks der Boeing 777 möglich und bei Bedarf auch die Aufnahme der A380-Triebwerke. Auch von Wettbewerbern werden die Möglichkeiten gern genutzt. Zum Zeitpunkt des Besuchs war der neue Teststand allerdings in Betrieb und konnte deshalb nur von außen besichtigt werden.

Bei einem gemeinsamen Mittagessen, verbunden mit Fachgesprächen ließ man diesen aufschlussreichen Besuchstermin ausklingen.